DEM LEBEN KANN MAN NICHT AUSWEICHEN
DEM LEBEN KANN MAN NICHT AUSWEICHEN
Die Filme des Isländers Dagur Kári
Feature
Ein Film von Dagur Kári
Kinostart: 12. November 2015
isländische Introvertiertheit, skurrile Außenseiter und die unverhoffte, wahre Liebe…
Dagur Kári
hat ein Faible für große Geschichten und erzählt sie vor der Kulisse
des ach so kleinen Islands. Mit lakonischem Witz und Selbstironie rückt
er sein fernes Heimatland für Genrefans und Liebhaber besonderer Filme
in greifbare Nähe.
Besonders
fasziniert ist der Regisseur und Musiker von der Figur des
Einzelgängers, der vor eine schwierige Wahl gestellt wird: Weiterhin
routinierter Alltagstrott oder endlich mit dem Leben anfangen? So etwa
der bärtige, hünenhafte Fúsi aus Káris neuem Film VIRGIN MOUNTAIN, der am 12. NOVEMBER 2015 in den deutschen Kinos anläuft.
Für
Fans nordischer Filmperlen und all die, die es noch werden wollen,
präsentieren wir Dagur Káris Werke der letzten Jahre. Und wir zeigen
auf, dass man dem Leben nicht für immer aus dem Weg gehen kann, so sehr
man sich auch sträubt…
NÓI ALBINOI (2003) – NÓI DER ALBINO
Die
Lehrer in der Schule sind sich unschlüssig: Entweder ist Nói ein
schlechter Schüler – oder insgeheim ein Genie. Vielleicht ist der
17-Jährige auch einfach gelangweilt von seinem trostlosen Alltag in
einem verschneiten, isländischen Kaff. Die Frage erübrigt sich, als Nói
der Schule verwiesen wird und sich vollständig der Sinnlosigkeit und
Einsamkeit hingibt. Da verliebt sich der junge Rebell in die hübsche
Iris, die in einem Tankstellen-Restaurant arbeitet. Die beiden träumen
von der Flucht aus ihrem verschneiten Gefängnis, versuchen sich
erfolglos an Banküberfällen und Autodiebstählen. Bis sich eines Tages
Islands Wetter selbst dazwischen schaltet…
Káris
erste Zusammenarbeit mit namhaften Schauspielern wie Tómas Lemarquis
(SNOWPIERCER) und Thröstur Leó Gunnarsson (METALHEAD) räumte
lawinenartig Filmpreise ab. Kein Wunder eigentlich, nachdem schon sein
Abschlussfilm LOST WEEKEND an der Nationalen Filmhochschule in Dänemark
hochgelobt wurde. Mit bildschönen Aufnahmen der isländischen Natur
entführt er den Zuschauer in einen fernen Mikrokosmos, in dem alle Kälte
auch eine befreiende Wärme in sich birgt.
VOKSNE MENNESKER (2005) – ERWACHSENE MENSCHEN aka DARK HORSE
Der
perspektivlose Gelegenheitsjobber Daniel sprüht ab und an
Liebeserklärungen anderer Leute an Häuserwände. Sein bester Freund „Opa“
arbeitet im Schlaflabor und träumt von einer Karriere als
Fußballschiedsrichter. Die Bäckerin Francesca, die nur „Frank“ genannt
wird, kommt unter Drogeneinfluss zur Arbeit und wird kurzerhand
gefeuert. Prompt geht ein Streit zwischen den beiden Kumpels los, wer
die Schöne zuerst gesehen hat. Als Frank dann auch noch von Daniel
schwanger wird, muss der vor sich hinlebende Tunichtgut erstmals
Verantwortung übernehmen…
In
Episoden aufgeteilt, größtenteils in Schwarz-Weiß gedreht und dazu ein
paralleler Handlungsstrang über einen gelangweilten Richter, der mit
illegalen Aktivitäten seinen Alltag aufpeppt. Bei so viel Skurrilität
kann man schon mal den Kopf schief legen. Aber der auf Cannes gezeigte
sarkastisch-lakonische Humor ist genau Dagur Káris Stil. Auf
kontrastreiches Grau lässt er alsbald einen Farbwechsel folgen und
enthüllt damit eine kraftvolle, beinahe nostalgische Geschichte über
Freundschaft, Liebe und die Entscheidung für das Leben.
EIN GUTES HERZ (2009)
Káris
Außenseiter machen auch vor den isländischen Grenzen nicht halt. Mit
Brian Cox (TROJA) and Paul Dano (PRISONERS) stark besetzt, geht es in
eine heruntergekommene Bar inmitten New Yorks. Hier hat der alternde,
von wiederholten Herzinfarkten geplagte Besitzer Jacques das Sagen. Als
er den selbstmordgefährdeten Obdachlosen Lucas kennen lernt, entfaltet
sich eine regelrechte Mentor-Schüler-Beziehung: Der junge Mann soll
Jacques Nachfolger werden. Die wichtigste Regel: Frauen haben absolutes
Hausverbot! Da torkelt die betrunkene Stewardess April durch die Pforte
des nicht ganz so noblen Etablissements und verliebt sich in Lucas…
Wieder
räumte Kári mit seinem Film mehrere Preise ab, was nicht nur an der
brillanten Besetzung mit hochkarätigen US-Schauspielern liegt: Der
Regisseur verfrachtet sein Lieblingsmotiv in ein völlig neues Setting
und verliert dabei nichts an seinem selbstironischen Witz. Jacques und
Lucas sind auf ihre Art und Weise Verlierer der Gesellschaft. Und obwohl
der Generationsunterschied sie nicht daran hindern kann, enge Freunde
zu werden, bringt eine unverhoffte Liebe das Verhältnis der beiden
mächtig ins Schwanken.
VIRGIN MOUNTAIN (2015)
Fúsi
ist der Name des „jungfräulichen Berges“, dem in Káris neuestem Film
eine Frontalkollision mit dem Leben bevorsteht. Der Mittvierziger wohnt
noch immer bei seiner Mutter. Lieber spielt er historische Schlachten
mit Modellsoldaten nach, als sich dem realen Mobbing auf Arbeit zu
stellen. Bei Frauen kriegt der Flughafen-Angestellte kaum ein Wort
heraus. Ein Tanzkurs, für den ihn der neue Liebhaber seiner Mutter
einträgt, soll da Abhilfe schaffen. So tänzelt die attraktive Sjöfn in
seine triste Welt und bringt etwas Rhythmus in den schüchternen
Einzelgänger. Fúsi nutzt diese mikroskopische Gelegenheit und beginnt,
Risiken einzugehen und aus seinem Kokon auszubrechen. Doch das neu
entdeckte Leben birgt sowohl Freude als auch Frustration…
Als
geistiger Nachfolger der vorangegangenen Filme erzählt VIRGIN MOUNTAIN
eine Geschichte über Selbstüberwindung und neue Hoffnung. Gunnar Jónsson
(ROKLAND, OPINBERUN HANNESAR) verkörpert den sanften Riesen mit
brodelnder Zurückhaltung. Jeder zögerliche Schritt des gehemmten,
unsicheren Mannes wirkt wie ein Befreiungsschlag. Jedes noch so kleine
Lächeln auf seinem starren Gesicht erwärmt das eiskalte Setting Islands.
Dugar Kári ergibt sich keinesfalls dem Kitsch, sondern liefert seinen
typischen lakonischen Humor und eine ernstzunehmende Story.
Die Frage bleibt: Wird sich Fúsi für das Leben entscheiden – oder ihm einfach weiterhin aus dem Weg gehen?
Also keine Scheu. Raus aus dem Alltag und angetanzt zu VIRGIN MOUNTAIN! Ab dem 12. NOVEMBER 2015 im Kino.
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