Interview mit Sam Gabarski und Michel Bergmann zu ES WAR EINMAL IN DEUTSCHLAND...
NACH DEN ROMANEN „DIE TEILACHER“ & „MACHLOIKES“ VON MICHEL BERGMANN
Darsteller: Moritz Bleibtreu, Antje Traue, Tim Seyfi, Mark Ivanir, Anatole Taubman, HansLöw, Pál Macsai, Vaclav Jakoubek, u.v.a.
Regie: Sam Gabarski
Drehbuch: Michael Bergmann in Zusammenarbeit mit Sam Gabarski
Produzenten: Jani Thiltges, Roshanak Behesht Nedjad, Sébastien Delloye
KINOSTART: 6. APRIL 2017
Es waren einmal
in Deutschland ... David Bermann (Moritz Bleibtreu) und seine sechs
jüdischen Freunde, die davon träumen Deutschland nach dem Krieg 1946 zu
entfliehen und wie viele andere in die USA auszuwandern. Schließlich
kommt Bermann DIE Geschäftsidee, um das nötige Geld dafür aufzutreiben:
Was brauchen die Deutschen jetzt wohl am meisten? Mit ihrem Charme und
ihren unglaublichen Geschichten ziehen die jüdischen Holocaustopfer von
Tür zu Tür, um den deutschen Hausfrauen Wäsche feinster Art zu
verkaufen.
Doch
scheinbar liegt hinter Bermann eine mysteriöse Vergangenheit, die
US-Offizierin Sara Simon (Antje Traue) aufzudecken versucht. In den
Verhören mit dem charmanten Geschäftsmann will sie seinen Erinnerungen
sowie einer möglichen Kollaboration mit den Nazis auf die Spur kommen.
Zum Kinostart von "Es war einmal in Deutschland" am 6. April
sprechen Regisseur Sam Gabarski und Buchautor Michel Bergmann im
Interview über die Herausforderungen bei der Adaption des Romans sowie
bei den Dreharbeiten, über den jüdischen Humor und Juden in
Nachkriegsdeutschland.
Herr Bergmann, ES WAR EINMAL IN DEUTSCHLAND basiert auf Ihrem 2010 erschienen Romandebüt „Die Teilacher“. Wie ist die Idee zum Roman entstanden?
Michel Bergmann:
Die Idee hatte ich schon viele Jahre, weil ich aus einer
Teilacherdynastie stamme. Mein Vater ist so ein bisschen die Figur des
Holzmann. Er hatte kurz nach dem Krieg aus Paris kommend in Frankfurt
wieder einen Wäschegroßhandel aufgemacht, zusammen mit seinem Bruder
David, und hatte Handelsreisende, die über Land fuhren, um den Leuten,
ganz ähnlich wie im Film, Wäschepakete aufs Auge zu drücken. Die Idee,
daraus eine Geschichte zu machen, hatte zwei Gründe. Zum einen wollte
ich meinem verstorbenen Onkel David ein Denkmal setzen, der der „König“
der Teilacher war und ein grandioser Witzeerzähler. Der andere Grund war, dass es über die Einwanderung der jüdischen Holocaustopfer nach Deutschland bis dato nichts zu lesen oder sehen gab. Es war
ein weißer Fleck im kollektiven Gedächtnis der Deutschen. Da ich damals
überwiegend als Drehbuchautor fürs Fernsehen arbeitete, habe ich
verschiedenen Sendern den Stoff als Fernsehspiel angeboten. Und ich
bekam nur Absagen, sehr wohlwollende, aber Absagen. Dann habe ich
angefangen, einen Roman aus dem Stoff zu entwickeln, der schließlich
2010 als „Die Teilacher“ erschien. Mir war aber angesichts der Fülle des Materials früh klar, dass es eine Trilogie werden würde. Dass es jetzt verfilmt wurde und auch noch unter Mitwirkung des Fernsehens ist natürlich eine kleine Genugtuung für mich.
Herr Garbarski, was hat Sie dazu bewogen, den Roman zu verfilmen?
Sam Garbarski:
Ich fühlte mich erstmal geschmeichelt, dass Michel Bergmann mir das
Buch zukommen lassen wollte, um daraus eventuell einen Film zu machen.
Als ich es gelesen habe, ist mir etwas passiert, das hatte ich nur zwei, drei Mal im Leben: ich konnte nicht aufhören und habe es
in einer Nacht durchgelesen. Ich hatte das Gefühl, im Suppentopf meiner
Mutter zwischen den Knödeln und Nudeln herumzuschwimmen. Ich fühlte
mich in dieser Welt und bei diesen Menschen sofort zuhause. Auch wenn
meine Familie keine Teilacher waren, habe ich mich absolut
wiedergefunden. Ein Wahnsinnsgefühl! Und ich habe gar nicht nachgedacht,
sondern gleich Michel angerufen und gesagt: ich mach’s!
Was waren die Herausforderungen, den Roman zu einem Drehbuch zu adaptieren?
Bergmann:
Der Roman ist im Grunde eine große Rückblende, die Geschichte beginnt
nach dem Tod des alten David Bermann und blickt auf sein Leben zurück.
Im Film mussten wir das zwangsläufig auf einen kürzeren Zeitraum
komprimieren, ohne den Geist und die Seele der Geschichte zu verlieren.
Wir haben dabei sehr intensiv und gut zusammengearbeitet und ich bin Sam sehr dankbar, weil er der Realistischere und Pragmatischere war, er hat Ideen immer gleich auf die Machbarkeit abgeklopft. Er kam schon früh auf die Idee, es innerhalb von zwei Jahren spielen zu lassen, 1946/47. Das war
für mich anfangs nicht ganz einfach, weil ich als Autor auf viele
Episoden und Figuren verzichten musste, die mir ans Herz gewachsen
waren. Kill Your Darlings, heißt es ja, und das kann auch wehtun.
Neben den sehr bewegenden Momenten ist Humor ein ganz wichtiges Element im Film. Wie gelingt diese Balance?
Bergmann: Diese Brechung war schon ein wichtiger Teil der Romane. Die Nazis werden nicht entschuldigt, aber es gibt immer wieder ein Augenzwinkern, dass es dem Publikum leicht macht, die Geschichte ohne schlechtes Gewissen zu lesen. Ich meine damit nicht Kumpanei. Es ist fürchterlich, was passiert ist, aber wir haben es hier mit Stehaufmännchen zu tun.
Garbarski:
Das sind Lebenskünstler, oder besser gesagt, Überlebenskünstler. Das
hat viel mit jüdischem Humor zu tun. Und der ist gar nicht so lustig,
sondern eher philosophisch. Das ist eher bewegend als zum
Schenkelklopfen. Das ist Überlebensmedizin. Das Absurde an Davids
Geschichte ist ja, dass er überlebt hat, weil er Witze erzählen konnte. Es hat ihm das Leben gerettet und zugleich fällt es ihm schwer damit zu leben, dass er der Clown der Henker seiner Familie war.
Wie waren die Dreharbeiten?
Garbarski:
Die hätten ja eigentlich sechs Monate vorher stattfinden sollen. Auf
dem Weg zum ersten Drehtag komme ich am Bahnhof in Brüssel an und falle
so unglücklich, dass ich mir den Quadrizeps reiße. Ich musste ins
Krankenhaus und operiert werden und fiel danach monatelang aus. Wir
hatten unglaubliches Glück, dass fast alle ein halbes Jahr später wieder
Zeit hatten und wir mussten nur ein paar Szenen umschreiben. Aber so
hatte ich auch mehr Zeit zum Vorbereiten. Nichtsdestoweniger, ganz kurz
vor dem zweiten Drehbeginn, hat mir meine weibliche Hauptrolle aus
gesundheitlichen Gründen absagen müssen. Es scheint alles im Sinne eines gewissen Schicksals gewesen zu sein. Die Stimmung am Set war
dann wirklich sehr „Ensemblefilm“ und fast entspannt. Die gesamte Bande
sind wirklich ganz tolle Menschen, mit denen gehe ich so gern mal Essen
gehen und würde wahrscheinlich sogar mit ihnen in den Urlaub fahren.
Warum ist es wichtig, die Geschichte der Teilacher einem großen Publikum zu erzählen?
Garbarski: Im Grunde hat es
Michel vorhin schon gesagt. Die Tatsache, wie Juden nach dem Ende des
Dritten Reichs nach Deutschland zurückkehren konnten und bleiben, ist
mehr als schwer zu verstehen und wurde zuvor in keinem Buch oder Film
zum Thema. Und dann nach einer Antwort zu graben, wo es eigentlich keine gab. Sie hatten vielleicht ihre Gründe, aber es wurde nicht darüber geredet. Und dem spürt der Film nach. Es ist eine kleine Geschichte, die Teil einer größeren Geschichte ist, die wiederum Teil der ganz großen Geschichte ist.
Bergmann:
Das ist eine Erfahrung, die ich schon bei vielen Lesungen mit dem Roman
gemacht habe. Anfangs hatte ich mich gefragt, warum setzen sich in
Weinheim, Gütersloh oder Würzburg oft 200, in Erlangen sogar 1.400 Leute
hin und hören sich das an? Und dann habe ich begriffen, dass ich zwar
eine für sie recht exotische Geschichte erzählt habe, aber Krieg und
Flucht kannten viele Zuhörer als eigenes Familienschicksal. Und gerade
heute hat es wieder eine schreckliche
Aktualität, viele Menschen sind heimatlos und versuchen an einem neuen
Ort irgendwie zu überleben. Und das versteht man überall.
KURZINHALT
„Hitler ist tot, aber wir leben noch!“ – David Bermann
Frankfurt
am Main, 1946. David Bermann (Moritz Bleibtreu) und seine jüdischen
Freunde sind dem Naziregime nur knapp entkommen und träumen jetzt wie
viele von der Ausreise nach Amerika. Doch wie das nötige Geld in diesen
kargen Zeiten dafür aufbringen?
Dem
eloquenten Geschäftsmann kommt die zündende Idee: Was brauchen die
Deutschen jetzt am meisten? Feinste Wäsche aller Art, hübsch verpackt in
unglaubliche Geschichten. Gemeinsam ziehen die sechs begnadeten
Entertainer von Haus zu Haus und preisen den Hausfrauen mit hinreißender
Chuzpe ihre Ware an, so dass die geschmeichelten Damen gar keine andere
Wahl haben, als bei diesem unwiderstehlichen Angebot zuzugreifen. Das
Geschäft floriert, die schöne, neue Zukunft naht. Doch bald holt Bermann
seine eigene Vergangenheit ein: Warum hatte er damals einen zweiten
Pass? Und was hatte es mit seinem Besuch auf dem
Obersalzberg auf sich? Hat er womöglich mit den Nazis kollaboriert? Die
kluge und attraktive, aber unerbittliche US-Offizierin Sara Simon
(Antje Traue) lässt bei den Verhören nicht locker, sie will dem wahren
Kern von Bermanns Erinnerungen auf die Spur kommen und begegnet seiner
Fabulierkunst mit eiserner Strenge. Doch es fällt ihr zunehmend schwerer, sich seinem Charme und Witz zu entziehen…
PRESSENOTIZ
Der
in Bayern aufgewachsene belgische Regisseur Sam Garbarski (IRINA PALM,
DER TANGO DER RASHEVSKIS) inszeniert die dramatische Nachkriegskomödie
mit viel Chuzpe und jüdischem Humor als bewegende Feier des Lebens. ES WAR EINMAL
IN DEUTSCHLAND… basiert auf den semiautobiographischen Romanen „Die
Teilacher“ und „Machloikes“ von Michel Bergmann, die sie zusammen
kongenial adaptierten.
Als
charmantes Schlitzohr David Bermann brilliert Moritz Bleibtreu in der
Hauptrolle. Als ebenso strenge wie irritierend attraktive Special
Agentin Sara Simon bietet ihm Antje Traue (DIE FRAU IN GOLD) Paroli.
Bermanns Händlerfreunde, die sogenannten „Teilacher“, sind mit einem
großartigen internationalen Darstellerensemble besetzt: Tim Seyfi (GEGEN
DIE WAND), Mark Ivanir (SCHINDLERS LISTE), Anatole Taubman (JAMES BOND
007 – EIN QUANTUM TROST), Hans Löw (TONI ERDMANN), Pál Mácsai und Václav
Jakoubek.
ES WAR EINMAL
IN DEUTSCHLAND… wird die Berlinale Special Gala - Reihe der 67.
Internationalen Filmfestspiele Berlin eröffnen. Jani Thiltges, Samsa
Film, produzierte gemeinsam mit Roshanak Behesht Nedjad, IGC Films und
Sébastien Delloye, Entre Chien et Loup in Ko-Produktion mit dem ZDF,
Redaktion Gabriele Heuser. Unterstützt wurde der Film von der
Mitteldeutschen Medienförderung, dem Medienboard Berlin-Brandenburg, der
Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein, der Filmförderungsanstalt,
dem Deutschen Filmförderfonds, Eurimages, Filmfund Luxembourg sowie
Bruxellimage.
X Verleih bringt ES WAR EINMAL
IN DEUTSCHLAND… am 6. April 2017 in die deutschen Kinos und setzt damit
die langjährige erfolgreiche Zusammenarbeit mit Sam Garbarski fort.Die offizielle Facebook-Seite zum Film erreichen Sie unter: www.facebook.com/
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