Viele
Jahre später kann Namika rappen wie der Teufel und kennt alle Codes,
bedient aber nur bedingt die in Deutschland üblichen Hip-Hop-Klischees
von Straße und Milieu, von denen sich
der interessantere Teil der amerikanischen Konkurrenz längst
emanzipiert hat. Ihr erstes Album ist Missy Elliotts "This Is Not A
Test", Elliotts Art, Rap und Gesang zu mischen, fasziniert sie; es ist
jedoch nicht einfach, Namikas konzeptuellen Ansatz anhand
von Vorbildern zu erklären. Sie hat ein ausgefeiltes Gespür für
Melodien und ist eine fantastische Sängerin, aber mit der hierzulande
gängigen Pop-Definition wird man ihr ebenfalls nicht gerecht. Namika
entzieht sich den üblichen Kategorisierungen, das
macht sie so interessant.
Was
sie wollte und was nicht, wusste Namika schon früh: Bereits als
Teenager hatte sie ein eigenes Home-Studio, rappte auf Hip-Hop-Jams und
nahm ein selbstfinanziertes Mixtape auf.
Auf ihrem 2015 erschienenen Debüt "Nador", der Titel ist der
Heimatstadt ihrer marokkanischen Eltern entlehnt, deutete die Musikerin
ihr enormes Talent dann erstmals auf breiter Ebene an. Die erste
"Nador"-Single "Lieblingsmensch" stand wochenlang an der
Spitze der Charts, das Album wurde mit Gold ausgezeichnet, es gab
Nominierungen und Auszeichnungen bei sämtlichen wichtigen
Preisverleihungen. Namikas neues, abermals mit dem Berliner
Produzententeam Beatgees aufgenommenes Album "Que Walou" ist nun die
logische
Fortsetzung von "Nador" – und zugleich dessen konsequente
Weiterentwicklung. Namika ist durch die Erfahrungen der vergangenen zwei
Jahre künstlerisch gereift und bringt ihr Anliegen noch deutlicher auf
den Punkt.
Als
Vorabsingle veröffentlicht Namika neben dem Titelsong "Que Walou" -
einer von insgesamt drei Songs auf diesem Album, die noch deutlicher als
andere autobiografisch aus Namikas Leben
erzählen - das emotionale Stück "Ahmed (1960-2002)" samt Musikvideo,
das vielleicht ergreifendste Lied auf "Que Walou". Besagter Ahmed –
Namikas Vater – hat die Familie früh verlassen. Vor einigen Jahren ist
er nach einer Haftstrafe verstorben, kennengelernt
hat Namika ihren Vater nie. Aus einer sehr persönlichen Perspektive
geht es hier also um die hochaktuelle Frage nach Identität. Indem
Namika in "Ahmed (1960-2002)" ihre eigene Geschichte teilt, erzählt sie
gleichzeitig eine vom Elend der vaterlosen Gesellschaft,
von Entwurzelung und vom eigenen Umgang mit interfamiliären Problemen.
Woher komme ich, wer bin ich, wo will ich hin?
"Que
Walou" ist ein Album über die Liebe und das Leben, über die Suche
nach Identität und die verdammte Sehnsucht nach dem Glück. Ein Akt der
Selbstbehauptung – nicht zuletzt durch
die Selbstverständlichkeit, mit der Namika zu Werke geht. Sie weiß
natürlich, dass sie in Deutschland als gleichermaßen gut rappende und
singende Pop-Frau nahezu alleine dasteht. Aber aus ihrer Weigerung,
diesen Umstand besonders zu betonen, erwächst eine
souveräne emanzipatorische Haltung. "Die Leute sollten Künstler
einfach ganz natürlich machen lassen und nicht ständig irgendwelche
Unterschiede betonen", sagt sie, "dann brauchen wir irgendwann auch
nicht mehr darüber zu reden, dass es so wenig Frauen
im Game gibt."
"Que Walou" von Namika erscheint am 01.
Juni 2018 bei Jive Germany/Sony Music.
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